Neue E-Batterien ermög- lichen hohe Reichweiten

SEOUL/MÜNCHEN — In einem bedeutenden Durchbruch für die Technologie von Elektrofahrzeugen (EV) haben südkoreanische Forscher die Entwicklung einer neuartigen Batterietechnologie bekannt gegeben, die Reichweiten von nahezu 4.800 Kilometern (etwa 3.000 Meilen) mit einer einzigen Ladung ermöglichen könnte – das Fünf- bis Sechsfache heutiger Standardbatterien.

Das Forscherteam der Pohang University of Science & Technology (POSTECH) und der Sogang University hat eine siliziumbasierte Anodentechnologie entwickelt, die durch ein neuartiges Bindemittel daran gehindert wird, sich beim Laden auszudehnen – ein Problem, das bislang die kommerzielle Nutzung von Silizium in EV-Batterien stark einschränkte.

„Unsere Lösung steigert die Energiedichte erheblich, ohne die strukturelle Integrität der Batterie zu gefährden“, sagte Professor Soojin Park von POSTECH in einer Mitteilung, über die The Korea Herald berichtete. „Sie eröffnet die Möglichkeit für Reichweiten, die weit über denen von Verbrennungsmotoren liegen.“

Was Silizium besonders problematisch macht

Konventionelle Lithium-Ionen-Batterien nutzen Graphit-Anoden, die zwar stabil, aber in ihrer Energiespeicherkapazität begrenzt sind. Silizium hingegen kann bis zu zehnmal mehr Lithium-Ionen speichern. Allerdings dehnt es sich beim Laden stark aus, was zur schnellen Degradation der Batterie führt. Das neu entwickelte Bindemittel des POSTECH-Sogang-Teams löst dieses Problem, indem es die Anode stabilisiert und die Lebensdauer der Batterie verlängert.

Laut einem Bericht von Reuters könnte diese Weiterentwicklung Silizium-Anoden-Batterien innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre marktfähig machen – deutlich früher als Festkörperbatterien, die weiterhin mit Skalierungs- und Sicherheitsproblemen kämpfen.


Globale Reaktionen und Auswirkungen auf die Branche

Internationale Medien und Energieanalysten bezeichnen die Innovation bereits als möglichen „Gamechanger“, insbesondere für Märkte mit schlecht ausgebauter Ladeinfrastruktur. Wie BloombergNEF berichtet, könnte die Möglichkeit, ohne Zwischenladung durch ganze Kontinente zu fahren, die „Reichweitenangst“ deutlich reduzieren und die Akzeptanz von E-Fahrzeugen vor allem in ländlichen und Entwicklungsregionen steigern.

Auch Zulieferer und Autohersteller verfolgen die Entwicklung genau. Laut einer aktuellen Analyse von Berylls Strategy Advisors haben Unternehmen wie Hyundai, BMW und Tesla bereits Interesse an Pilotprojekten bekundet, um die neue Batterietechnologie unter realen Bedingungen zu testen. Der kanadische Batterieintegrator SolarBank Corp. hat zudem angedeutet, Silizium-Anoden-Zellen in seine Energiespeicherlösungen integrieren zu wollen.


Massenproduktion steht vor Herausforderungen

Trotz des Durchbruchs bestehen weiterhin Hürden. Die Großserienproduktion des neuen Bindemittels sowie die Integration in bestehende Fertigungslinien erfordern hohe Investitionen. Allerdings verzeichnet der Bereich Next-Gen-Batterien laut The Wall Street Journal im Jahr 2025 einen regelrechten Investitionsboom: Über 6,8 Milliarden US-Dollar wurden weltweit allein im ersten Halbjahr in Startups der Branche investiert.

Was Silizium-Anoden gegenüber Festkörperbatterien begünstigt, ist laut Experten die vergleichsweise einfache Integration in bestehende Produktionssysteme.

„Das ist nicht nur vielversprechende Technik – sie ist auch herstellbar“, sagt Dr. Lisa Moreau, Batteriespezialistin bei der European Battery Alliance.


Eine neue Ära für Elektrofahrzeuge?

Sollten sich die Prognosen bewahrheiten, könnten erste Fahrzeuge mit Silizium-Anoden-Batterien bereits 2026 oder 2027 auf den Markt kommen. Mit solchen Reichweiten könnte die Technologie die Ökonomie und Attraktivität von E-Fahrzeugen weltweit neu definieren – insbesondere im Langstreckentransport, für Flottenbetreiber und im Bereich stationärer Energiespeicherung.

„Das Zeitalter des Ultra-Range-EVs hat vielleicht gerade erst begonnen“, sagte Branchenanalyst Tobias Schenk von AutoTech Europe. „Und diesmal ist es keine Laborfantasie – sondern beinahe straßenreif.“ (zai)

Quellen: POSTECH, Sogang University, The Korea Herald, BloombergNEF, Berylls Strategy Advisors, The Wall Street Journal, Reuters, European Battery Alliance. – Foto: BMW elektrisch