BDI mit optimistischem Ausblick auf der Hannover-Messe

HANNOVER – Die deutsche Industrie geht mit einer optimistischen Prognose in die Hannover-Messe. „Für die Industrieproduktion erwarten wir ein kräftiges Plus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Montag in Hannover.

„Die Industrie ist derzeit der Stabilitätsanker der deutschen Wirtschaft. Sie trägt maßgeblich die wirtschaftliche Erholung.“ Die Auftragseingänge lägen bereits über Vorjahres- und sogar Vorkrisen-Niveau, erklärte Russwurm. Im vorigen Jahr war die Produktion um 9,8 Prozent zurückgegangen.

Wegen des anhaltenden Lockdowns rechnet der BDI nun mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von drei Prozent für dieses Jahr. Damit passt die Industrie laut BDI die Prognose vom Jahresbeginn um einen halben Prozentpunkt nach unten an. Voraussetzung sei, dass die pandemiebedingten Einschränkungen bis zum frühen Herbst weitestgehend zurückgefahren werden und dass das verarbeitende Gewerbe von keinen weiteren Auflagen betroffen ist.

Die Exporte sollten sich mit einem Zuwachs von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr erfreulich gut entwickeln, unterstrich Russwurm. Bisher war der BDI von sechs Prozent ausgegangen, im vorigen Jahr waren die Ausfuhren um 9,3 Prozent gefallen. „Deutschland ist ein Industrieland, und Deutschland ist ein Exportland. Das ist unser Markenzeichen, dabei muss es bleiben – und das gelingt in diesem Jahr“, kündigte der BDI-Präsident an.

„Der Außenhandel wird zum zentralen Wachstumshebel – vor allem mit den Konjunktur-Lokomotiven USA und China“, sagte Russwurm. Nordamerika und Asien brächten die Weltwirtschaft auf Trab, inklusive dem Messe-Partnerland Indonesien, der drittgrößten Volkswirtschaft Asiens: „Für China gehen wir von gut acht Prozent Wachstum aus, für Indonesien von gut vier Prozent.“

Rückenwind verschaffe der Konjunktur zusätzlich der Faktor Psychologie: Seit Ende vorigen Jahres seien die meisten Unternehmen deutlich zuversichtlicher und rechneten mit einem Ende der Pandemie durch flächendeckende Impfungen. Das wirke sich positiv auf Stimmung und Investitionsbereitschaft aus. Russwurm: „Wir erwarten für die Ausrüstungsinvestitionen unserer Unternehmen – in Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge – ein deutliches Plus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.“ Diese Investitionen waren 2020 um 12 Prozent eingebrochen.

„Trotz großer Unsicherheit, die mit der Pandemie noch einige Zeit bestehen bleibt, erweist unsere Industrie sich als außerordentlich robust“, erläuterte der BDI-Präsident. „Penible Hygienekonzepte und Testangebote in den Betrieben schaffen größtmögliche Sicherheit.“ Die Politik müsse in einem evidenzbasierten Pandemiekonzept die Möglichkeiten einer Hightech-Nation ausschöpfen. So sollte die digitale Nachverfolgung über maßvolle Anpassungen im Datenschutz deutlich praktikabler werden.

Entscheidend sei, dass Deutschland beim Impfen mithilfe von Haus- und Betriebsärzten endlich Tempo zulegt. „Das Gebot der Stunde muss lauten: Impfen, impfen, impfen“, sagte Russwurm. Statt Priorisierungs-Bürokratie müsse Pragmatismus walten, damit es bis zum Sommer die erforderlichen Impf-Erfolge gibt.

Gerade jetzt brauchten die Unternehmen zielgerichtete Wachstumsimpulse. „Sinnvoll sind eine größere Verlustverrechnung, Sonderabschreibungen für Investitionen und der Ausbau der steuerlichen Forschungsförderung auf ein international übliches Niveau“, forderte der BDI-Präsident. Bei der effektiven steuerlichen Belastung der Unternehmen müsse der Bund endlich den Reformstillstand beenden und die Steuerbelastung von mehr als 31 auf wettbewerbsfähige 25 Prozent senken.

„Mehr denn je brauchen wir angesichts von Corona einen Investitionsschub für die kommenden zehn Jahre, um den Strukturwandel neu zu gestalten und zielgerichtet nachhaltige Schlüsseltechnologien sowie intensive Forschung zu unterstützen“, verlangte Russwurm. „In diesem Superwahljahr darf das Krisenmanagement nicht den Blick auf die Zeit nach der Pandemie verstellen.“ Die Devise müsse lauten: Zukunft gestalten, statt den Standort zu verwalten.

Statt eines ordnungsrechtlichen Klein-Kleins brauche Deutschland einen klugen Ordnungsrahmen, der digitalem Wandel, Klimaschutz und Infrastruktur einen zentralen Stellenwert beimisst. An digitalpolitischen Strategien mangele es hierzulande nicht, aber an deren ehrgeiziger Umsetzung. Die Bundesregierung habe in dieser Legislaturperiode eine Daten-, eine Blockchain- und eine KI-Strategie vorgelegt, aktuell sei eine Nationale Cybersicherheits-Strategie in Arbeit. Der Staat sei gefordert, durch eine entschlossene Digitaloffensive für die öffentliche Verwaltung Impulse zu setzen und damit den Standort zu stärken.

„Zwei Aufgaben muss der Staat dringend parallel bewältigen: Verwaltungsprozesse kritisch auf Praxistauglichkeit prüfen und zügig flächendeckend digitalisieren. Gerade in der Krise ist es schmerzlich, wenn bereitgestellte Mittel schlecht abfließen“, kritisierte Russwurm. Kurzum sei notwendig: „Weniger Lethargie und Bürokratie, dafür mehr Pragmatismus und Zupacken.“