ASEAN-Staaten zahlen mehr als Japan und Südkorea

HANOI/MANILA/JAKARTA/KUALA LUMPUR – Die jüngsten abgeschlossenen Zollverhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und mehreren asiatischen Ländern zeigen eine deutliche Ungleichbehandlung: Während Südkorea und Japan einen reduzierten Importzoll von 15 % für Exporte in die USA erzielen konnten, müssen ASEAN-Staaten wie die Philippinen (19 %), Indonesien (19 %) und Vietnam (20 %) deutlich höhere Sätze hinnehmen. Malaysia soll sogar 25 % zahlen, während die Gespräche mit Thailand noch andauern.

Warum zahlen ASEAN-Länder höhere Zölle?

1. Wirtschaftliche Bedeutung und strategischer Wert

Japan und Südkorea gehören zu den hochindustrialisierten Ländern mit tief verwurzelten wirtschaftlichen, technologischen und sicherheitspolitischen Beziehungen zu den USA. Sie sind essenzielle Glieder globaler Lieferketten – insbesondere in den Bereichen Halbleiter, Automobilindustrie und High-Tech-Fertigung. Ihre Verhandlungsmacht ist entsprechend größer.

ASEAN-Staaten hingegen sind wirtschaftlich heterogener aufgestellt und gelten im strategischen Denken der USA als weniger zentral. Malaysias Exporte etwa sind vielseitig, aber weniger sicherheitsrelevant als jene Südkoreas oder Japans.

2. Verhandlungstaktik und Vorbereitung

Im Gegensatz zu Japan und Südkorea, die mit gezielter, hochrangiger Diplomatie agierten, wirkten einige ASEAN-Staaten eher reaktiv als strategisch. Zudem trat die ASEAN-Gruppe nicht mit einer geschlossenen Position auf, was die individuelle Verhandlungsmacht schwächte.

3. Geopolitische Ausrichtung

Südkorea und Japan gelten als Schlüsselverbündete der USA im Indopazifik, insbesondere im Spannungsfeld mit China. Diese geopolitische Bedeutung verschafft ihnen bessere wirtschaftliche Bedingungen. Mehrere ASEAN-Staaten verfolgen hingegen neutralere oder China-freundliche Außenpolitiken, was ihnen in Washington möglicherweise zum Nachteil gereicht.

Welche Diskussionen stehen nun in der ASEAN-Region bevor?

Die offensichtliche Benachteiligung dürfte in vielen Ländern zu intensiven politischen und wirtschaftlichen Debatten führen:

  • Kritik an Regierung und Verhandlungsführung wegen unvorteilhafter Bedingungen.
  • Forderungen nach regionaler Abstimmung bei künftigen Handelsgesprächen.
  • Neubewertung geopolitischer Positionierung – soll man sich stärker an die USA binden oder Alternativen wie China oder die EU suchen?
  • Druck seitens der Exportwirtschaft, insbesondere in Malaysia und Vietnam, wo Unternehmen Wettbewerbsnachteile befürchten.

Zu erwartende Auswirkungen

  • Exportverluste: Höhere Zölle verteuern ASEAN-Produkte auf dem US-Markt, was vor allem Elektronik, Textilien und Fahrzeugteile betrifft.
  • Investitionsverlagerung: Unternehmen könnten Südkorea oder Japan als Produktionsstandorte bevorzugen – dort sind US-Zollbedingungen attraktiver.
  • Regionale Spannungen: Der wirtschaftliche Unterschied zwischen ASEAN-Staaten könnte den Zusammenhalt des Staatenbundes belasten.

ASEAN muss gemeinsame Front bilden

Sollten die ASEAN-Staaten ihre Handelspolitik nicht stärker koordinieren und diplomatisch schlagkräftiger auftreten, drohen sie langfristig ins Hintertreffen zu geraten. Die USA unter Donald Trump bevorzugen Länder, die strategische Relevanz besitzen und konsequent verhandeln – in dieser Verhandlungsrunde gehörte ASEAN nicht dazu. (hz)