„Norwegian“-Geschäftsmodell in der Kritik

Singapur – Die Fluggesellschaft Norwegian stellt ihre Langstrecken-Crews mit Verträgen in Singapur ein und stationiert sie in Bangkok für Flüge zwischen der EU und den USA. Was einige als innovatives Management bezeichnen, bereitet nicht nur europäischen Pilotengewerkschaften Sorgen, so das Fachmedium „airliners“.

Die Pilotengewerkschaft European Cockpit Association (ECA) wirft der neuen Langstrecken-Billigfluggesellschaft „Norwegian Long Haul A/S“ Sozialdumping sowie die systematische Ausflaggung ihrer Flotte zur Ausnutzung von Lücken in den internationalen Rechtssytemen vor. Es könne nicht sein, dass eine aus Norwegen geführte Fluggesellschaft ohne operative Basis in Irland dort eine Betriebserlaubnis (AOC) anstrebe, nur um damit von den EU-Open-Sky-Verträgen mit den USA zu profitieren, während die Crew über Drittfirmen in Bangkok mit einem Arbeitsvertrag aus Singapur eingestellt würde, teilte die ECA jetzt mit.

Bei einem Treffen mit Behörden aus Norwegen und den USA in Oslo habe die Gewerkschaft zudem auch Befürchtungen erörtert, welche Behörden bei dieser Art einer operationellen Konstruktion für die Überwachung der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen zuständig sind. Auch komplett ungeklärt seien die sozialen Absicherungen der Piloten, die ihren Wohnsitz meist nicht in Singapur oder Bangkok sondern in Norwegen beziehungsweise Schweden oder Dänemark hätten. Ähnliches gelte auch für die Kabinenbesatzung.

Dieselben Vorwürfe waren Ende letzten Jahres bereits in den USA laut geworden, nachdem Norwegian International, die derzeit noch unter temporärem norwegischem AOC operiert, uneingeschränkte Flugrechte zwischen EU-Mitgliedsländern und den USA beim dortigen Transportministerium beantragte und vor Ort erste Mitarbeiter einstellte.

„Innovativer Ansatz“ im Lowcost-Langstreckengeschäft

Norwegian-CEO Bjørn Kjos konterte die Anschuldigungen der Gewerkschaften in gewohnt lässiger Art. „We don’t give a shit about that,“ sagte Kjos jetzt dem Guardian. Norwegian würde dort fliegen, wo die Passagiere fliegen wollen. Norwegen allein sei dafür zu klein. Die Gehälter würden zudem nur einen geringen Teil im Spar-Geschäftsmodell seiner Langstreckenairline ausmachen. Viel wichtiger für den innovativen Ansatz im Lowcost-Langstreckengeschäft seien eine moderne, spritsparende Flotte, das Internet als direkter Vertriebskanal sowie die sich ändernden globalen ökonomischen Voraussetzungen.

Norwegian war Ende Mai vergangenen Jahres in das Langstreckengeschäft eingestiegen. Seitdem geht es von Oslo, Stockholm und Kopenhagen nach New York, Fort Lauderdale und Bangkok. Angekündigt sind zudem Flüge von Skandinavien nach Oakland und Los Angeles. Zudem soll es ab Mai von London Gatwick aus nach New York, Los Angeles und Fort Lauderdale gehen. Zum Einsatz kommt dafür eine reine Boeing-787-Flotte, die bis 2016 von derzeit drei Maschinen auf sieben ausgebaut werden soll.

Norwegian Long Haul ist eine Tochtergesellschaft der Norwegian Air Shuttle, die als eine der am schnellsten wachsenden Fluggesellschaften der Welt gilt. Mit Bestellungen und Optionen für insgesamt über 400 Boeing 737 und Airbus A320 will die Fluggesellschaft einer der führenden europäischen Anbieter für günstige Flugreisen in Europa werden. Bereits heute unterhält die Airline Basen in ganz Skandinavien, Spanien sowie England und bedient mit einer Flotte von 84 Boeing 737 aktuell rund 130 Destinationen in fast 40 Ländern. Quelle: airliners