Innovationen: Hoch springen, um ganz vorne zu landen

Berlin – Sprunginnovationen ermöglichen neue Produkte und Dienstleistungen und haben deshalb das Potenzial, Märkte komplett umzukrempeln. Ein typisches Beispiel ist das Internet, das digitalen Plattformen den Weg bereitet hat und Teile des stationären Handels verdrängen konnte. Ein amerikanischer Fahrdienst stellt die Taxibranche auf den Kopf, Streaming-Portale machen Kinos und dem Fernsehen zu schaffen, Übernachtungsplattformen setzten das Hotelgewerbe unter Druck.

Angesichts ihrer großen Bedeutung ist es bedenklich, dass solche bahnbrechenden Neuerungen seit einiger Zeit mehrheitlich aus anderen Ländern kommen. Um dies zu ändern, hat das Bundeskabinett beschlossen, eine Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen einzurichten. Ausgestattet mit etwa einer Milliarde Euro für die nächsten zehn Jahre soll sie Freiräume schaffen, damit hochinnovative Ideen ihren Weg in neue Produkte „made in Germany“ finden. Dafür sind in der Anfangsphase von 2019 bis 2022 zehn Innovationswettbewerbe geplant, in denen verschiedene Wege zur Lösung einer gesellschaftlich relevanten Herausforderung miteinander verglichen werden. Gesteuert werden die Wettbewerbe von drei erfahrenen, befristet eingestellten Innovationsmanagern. Die Garantie, eine Lösung zu finden, gibt es nicht. Gut möglich, dass acht von zehn Ansätzen scheitern – einen Erkenntnisgewinn wird es trotzdem geben.

Freie Fahrt für disruptive Innovationen

Die deutsche Wirtschaft ist zwar Weltklasse darin, bestehende Produkte immer weiter zu verbessern, es gibt jedoch Nachholbedarf beim Hervorbringen und Verbreiten von disruptiven Innovationen. Welche Innovation disruptive Qualität hat, weiß man in der Regel nicht im Vorhinein. Entwicklungen sind also mit einem hohen wirtschaftlichen Risiko für die Unternehmen verbunden. Wer jedoch den Sprung nicht wagt, kann nicht ganz vorne landen. Und hier soll die Agentur für Sprunginnovationen ansetzen: Sie soll hilfreiche Ansätze bieten, die Innovationsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft zu stärken und den Produktivitätszuwachs in Deutschland zu beschleunigen.

Den Marktbedarf von Anfang an im Blick

Um auch den einen oder anderen Skeptiker zu überzeugen, ist es das A und O, sich am Marktbedarf zu orientieren. Innovative Ideen entstehen nicht allein in der Wissenschaft, sondern werden vor allem von klugen Köpfen in Unternehmen hervorgebracht, die immer auch das Anwendungspotenzial im Blick haben. Die frühzeitige Beteiligung der Wirtschaft ist deshalb unerlässlich für die Themenfindung, für den Transfer der Ergebnisse in die Betriebe und für die breite Nutzung neuer Technologien durch Unternehmen, Gesellschaft und Staat.

Marktnah sollten auch die Innovationsmanager sein – und zugleich die Sprache von Forschung und Politik verstehen. Um die Agilität und Flexibilität der Agentur nicht mehr als nötig einzuschränken, sollten die bürokratischen Anforderungen (Verwaltung, Reporting) auf ein Mindestmaß beschränkt sein. Bei einer solchen Ausgestaltung kann es gelingen, Deutschland zu neuen Technologievorsprüngen zu verhelfen.

Doppelstrukturen mit EU-Ebene vermeiden

Da auf EU-Ebene perspektivisch der Europäische Innovationsrat (EIC) ebenfalls disruptive Innovationen unterstützen soll, besteht das Risiko, dass zwei Institutionen mit gleichem Aufgabenspektrum geschaffen werden. Aus Effizienzgründen sollten Doppelstrukturen vermieden und eine klare Aufgabenteilung sichergestellt werden. (DIHK)